Führung und Teamentwicklung im Fußball
Bei den meisten Fußball-Bundesligisten dreht sich im Sommer das Transferkarrussel in beeindruckender Geschwindigkeit. Aber auch bei vielen unterklassigen Teams wird der Kader für die bevorstehende Saison neu zusammengestellt. Beginnend mit dieser Phase entwickelt sich im Mannschaftssport das Team. Dieser Prozess ist langanhaltend und sollte von Beginn an vom Trainer beobachtet und gesteuert werden. Der vorliegende Leitartikel “Zur Führung und Teamentwicklung im Fußball” liefert wichtige sportpsychologische Standards und bietet hilfreiche Tipps für den Trainingsalltag.
Für RESWITCH berichtet Dr. René Paasch:
Fußball ist ein Mannschaftssport – trotz aller Individualisten. Deshalb ist das Thema Teamentwicklung für jeden Trainer aller Spielklassen ein zentrales Mittel, um leistungsfördernde Maßnahmen zu entwickeln. Diesbezüglich sprach sich Joachim Löw, Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft in einem Interview wie folgt aus: “Ein respektvolles, vertrauensvolles Miteinander in unserem Team ist mir sehr wichtig, Verlässlichkeit und Vertrauen sind in diesem Zusammenhang wesentliche Faktoren. Offene Kommunikation auf Augenhöhe, Kritikfähigkeit, Transparenz und Toleranz, das haben wir vorgelebt, aber es dauert eine Weile, bis so etwas von allen, den Spielern und auch den Betreuern, verinnerlicht wird. Bis alle einander vertrauen“ (vgl. Zeit vom 31.05.2012). Genau in dieser Kernaussage von Joachim Löw, liegen die umfangreichen Prozesse der kontinuierlichen und zeitlichen Teamentwicklung und Führung.
Gruppenkohäsion/Teamkohäsion
Bevor ich nun auf die Phasen der Teamentwicklung nach Tuckmann und Lau eingehen werde, möchte ich Ihnen den Begriff der Gruppenkohäsion oder auch Teamkohäsion anbieten, da dieser im sportlichen Kontext sehr wichtig ist. Kohäsion wird aus dem lateinischen Verb „cohaerere“ abgeleitet, was so viel wie miteinander verbunden sein bedeutet. Begriffe wie Zusammenhalt, Teamgeist oder Gruppenmoral werden oft synonym verwendet. In der Sportpsychologie wird in der Regel das theoretische Modell der Gruppenkohäsion von Albert Carron und Kollegen (Brawley und Widmeyer, 1998) verwendet. Laut Modell lässt sich Gruppenkohäsion in vier verschiedene Faktoren aufteilen. Zum einen kann man zwischen aufgabenbezogener und sozialer Kohäsion unterscheiden. Zum anderen wird die Gruppe als Ganzes betrachtet sowie der Einzelne im Kontext der Gruppe. Der Unterschied zwischen den letzten beiden Aspekten lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: So könnte es sein, dass man eine Mannschaft hat, bei der 15 von 16 Teammitgliedern viel zusammen unternehmen. Ein Sportler hingegen bleibt außen vor. Fragt man nun diesen Sportler nach der Einheit der Gruppe, so müsste er sagen, dass sie hoch sei, denn für die Gesamtgruppe stimmt dies ja auch. Jedoch der Sportler selbst ist dort nicht integriert und daher ist seine Verbindung zur Gruppe niedrig. Aus den bisherigen Erkenntnissen lässt sich hypothetisch folgendes schlussfolgern: Teams, die ihre Aufgabenkohäsion höher einschätzen als andere Teams, sind tendenziell auch erfolgreicher. Erfolge und Misserfolge im Saisonverlauf führen nicht zwangsläufig zu veränderten Kohäsionswahrnehmungen im Team. Es gelingt eher, einen höheren, positiven Einfluss vom vorherigen sportlichen Erfolg auf die Kohäsion nachzuweisen als umgekehrt (Lau, Stoll, 2002, 2003, 2004, 2007).
In dem nun folgenden Text, werde ich Ihnen die wichtigen Ansatzpunkte zur Entwicklung und einer kontinuierlichen Leistung im Team aufzeigen. Der Begriff „Team“ ist heutzutage überall im Gespräch. Doch was genau verbirgt sich eigentlich dahinter? Die sprachliche Wurzel des Begriffs „Team“ stammt aus dem Altenglischen und kommt von den Bedeutungen „Familie“ und „Gespann“. Was macht aber eine Familie aus? Wir sind miteinander verbunden, wir teilen einen gemeinsamen Namen, wir teilen gemeinsame Überzeugungen und Werte, wir halten zusammen. Und auch der Begriff des Gespanns erzeugt eine klare Vorstellung: Wir ziehen gemeinsam an einem Strang und wir setzen unsere Kräfte an der gleichen Stelle und für das gleiche Ziel ein. In diesem Zusammenhang und als Einstieg gilt das Phasenmodell von Tuckmann (1965, 1977).
In der ersten Phase „Stadium: Kennenlernen“ machen sich die Mannschaftsmitglieder miteinander vertraut. Sie erkunden, ob sie sich dieser Gruppe zugehörig fühlen, und wenn ja, welche Rolle sie darin spielen. Insbesondere in dieser Phase entstehen Gefühle der Unsicherheit, der bedachten Zurückhaltung, die eine sensible Führung des Trainers voraussetzt. Daher ist eine Orientierung an Zielen und klaren Vorgaben zu empfehlen. Der Trainer sollte sich bemühen, die Motive und Erwartungen der Sportler in Erfahrung zu bringen und versuchen, diese mit seinen Vorstellungen abzustimmen. In dieser Phase sollte auf gute Stimmung geachtet werden, um die positive Anfangsmotivation zu stärken. In der zweiten Phase „Stadium: Konfrontation- Konfliktphase“ ist es unumgänglich, wenn man auf Dauer effektiv und erfolgreich sein will, dass der Trainer die Bildung von Untergruppen beobachtet und gegebenenfalls einschreitet, insbesondere bei zu starken und dominanten Gruppen. Zwischenmenschliche Konflikte, Rebellion gegen den Trainer, Widerstände gegen die Kontrolle durch die Gruppe oder gegen die Gruppennorm sind normale Verhaltensweisen und bedürfen einer bedachten Führung von außen. Der Trainer kommt in dieser Phase die Aufgabe zu, Stärken und Schwächen zu erkennen, diese transparent zu machen und einschätzen zu können. Anschließend sollte der Sportler seine Aufgabe und Rolle innerhalb der Mannschaft kennen. Im Übergang von der Konfliktphase ins „Stadium: Festigung“ sollte man als Trainer sensibel abwägen, wo man aktiv eingreift und wo man den Prozess der Gruppe überlässt. Die Festigung sollte dann durch solidarische und kooperative Einkünfte ergänzt werden. In der dann darauffolgende Phase „Stadium: Leistung“ steht dann der Erfolg. Teammitglieder sammeln ihre Kräfte, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Es gibt im Ablauf immer wieder neue Wege, die auf eine frühere Phase zurückführen, etwa bei Neuverpflichtungen oder neuen Konflikten. Insgesamt sollte der Prozess nicht einseitig gesehen werden, sondern aus einer ganzheitlichen Sichtweise. Aus dieser Sicht heraus wird deutlich, dass es grundsätzliche Regeln gibt, die für alle Gruppen gelten. Egal, ob es sich um Familien, Interessensgemeinschaften, Vereine oder eben auch Mannschaften handelt. Diese Regeln „gelten stillschweigend“, ohne dass diese vereinbart wurden. Beobachten Sie vertraute und erfolgreiche Teams. Sie werden vermutlich einiges von dem, was ich im Folgenden darstelle, im sportlichen Alltag wiederfinden.
Teamentwicklungstraining
Ein weiteres interessantes Konzept der Teamentwicklung für den Sport, ist das Teamentwicklungstraining (TET) von Lau (2005b). Dieses integrative Training vereint die praktische Wechselwirkung zwischen sportlichem Training, Wettspiel und sozialer Entwicklung der Mannschaft. Des Weiteren nutzt das TET personen- und gruppenzentrierte Maßnahmen, die auch Veränderungen organisatorischer Strukturen einschließen. Das TET basiert auf folgenden vier Grundannahmen:
1) Das Team ist entwicklungs- und lernfähig;
2) Das Team kommuniziert mit seiner Umwelt;
3) Die Leistungsoptimierung der Mannschaft besitzt eine zentrale Funktion und
4) Veränderungen innerhalb der Mannschaft haben höhere Akzeptanz unter den Spielern, wenn ihre Bedürfnisse und Wünsche einbezogen werden.
Als Zielsetzungen für das TET gelten daher:
- Aufstellen von Teamzielen
- Entwickeln eines Rollenverständnisses eines jeden Teammitgliedes
- Förderung der Kommunikation
- Initiierung eines Konfliktmanagements für Sach- und Beziehungsproblemen
- Balance zwischen Kooperation und Konkurrenz innerhalb der Gruppe
- Förderung des Bewusstseins des Aufeinander-Angewiesen-Seins innerhalb des Teams.
Im Sinne der interdisziplinären und systemtheoretischen Orientierung bei der Erklärung kollektiver Leistungen im Sport baut das Teamentwicklungstraining (TET) von Lau auf folgenden Prinzipien auf:
- Orientiert sich an einer Trainingsplanung, die dem Prinzip der Zyklisierung und Periodisierung folgt.
- Orientiert sich an der Optimierung kollektiver Leistungsvoraussetzungen.
- Die Mannschaft ist ein soziales System, das sich von seiner Umwelt abgrenzt, aber mit ihr kommuniziert und interagiert.
- Korrespondiert mit Maßnahmen der Trainings- und Wettspielsteuerung.
- Primär für das gesamte Team konzipiert, gruppen- und personenbezogene ergänzen das verfügbare Methodeninventar.
- Vereint geplante und situationsabhängige Interventionsmaßnahmen.
- Unterstützt positive Teamentwicklungstrends und (zer-)stört gezielt Fehlentwicklungen.
- Basiert auf einer systematischen Teamdiagnose und bedarf einer kompetenten Interventionsleitung.
Es wird deutlich, dass sich das TET nicht an einer festen Phasenabfolge der Teamentwicklung orientiert, wie bei Tuckmann, sondern sich mit begleitenden Maßnahmen in die Struktur und Funktionen des sportlichen Trainings- und Wettkampfgeschehens einbindet. Neben wiederkehrenden und standardisierten Phasen im Saisonverlauf einer Fußballmannschaft sind es vor allem gruppenspezifische, nicht vorhersehbare Situationen, die zum Anlass für gezielte Interventionsmaßnahmen genommen werden. Der Erfolg des TET hängt somit stark vom Führungsverhalten des Trainers ab. Also konkret der Frage, ob es gelingt, über individuelle und kollektive Maßnahmen diesen Prozess zu fördern?
Ziele
„Die gemeinsamen Ziele“ von heute sind die Gegenwart von morgen. Ziele reichen somit aus der Gegenwart in die Zukunft. Deswegen gehört die Zielsetzung zu den wichtigsten Motivationsmaßnahmen in einer Mannschaft. Daraus ergeben sich Hinweise, wie sich eine Mannschaft zusammenbringen lässt, wenn es erforderlich ist. Das gemeinsame Ziel ist dabei immer der Ausgangspunkt. Darauf sollten Trainer ihre Spieler jeweils zu Beginn einschwören. Und auf dieses Ziel kann immer wieder zurückgriffen werden. Und es ist etwas wesentliches, dass man nicht nur ein gemeinsames Ziel hat, sondern in der Erreichung des Ziels auch voneinander abhängig ist. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass Athleten oft vergessen, wie sehr sie von ihrem Mannschaftskollegen abhängig sind. Deshalb betone ich diesen Aspekt immer wieder. Aus meiner Sicht gibt es verschiedene Typen der Zielsetzung, die sich in ihrer zeitlichen Vorausnahme und zum anderen durch ihre Inhalte unterscheiden. Deshalb ist es von Bedeutung, dass die persönlichen Ziele der Einzelmitglieder im Interesse des Mannschaftsziels greifen. Die „zeitlichen Ziele“, die in die Zukunft reichen, ändern somit die konkreten Erreichbarkeiten und führen zu gezielten Veränderungen. „Nahziele“ sind hingegen für die langfristigen Ziele richtungsweisend, da sie diese in eine überschaubare Frist einbinden. „Mittelfristige Ziele” motivieren über einen überschaubaren Zeitraum, z.B. über eine Spanne von vier Wochen bis zu sechs Monaten. Die “Langfristigen Ziele” als Leitidee steuern das Fernziel, “Nahziele” und “mittelfristige Ziele” führen zu vorausschauenden Tätigkeiten. Aus der sehr allgemeinen Darstellung der verschiedenen Typen ergibt sich die Wahl der Zielstellung und die verschiedenen Zielarten wie beispielsweise “die guten Vorsätze”, “die Ergebnisziele” und “die Fähigkeitsziele” (körperlich-konditionelle, koordinativ-technische, kognitiv-taktische und mentale Ziele). Bedenken sollten Trainer trotz aller guten Planung: Nur wenn Sportler ihre Ziele selbst definieren oder zumindest akzeptieren, übernehmen sie dafür auch die Verantwortung.
Regeln
„Die gemeinsamen Regeln“ sind der Grundpfeiler einer Mannschaft. Damit bestimmt das Team, was ihm wichtig ist und wo es seine Grenzen sieht. Mit festen Regeln sind z.B. konkrete Dinge wie ein Strafenkatalog für das das Benutzen von Telefonen während der Teamsitzungen gemeint. Solche Regeln sind wichtig, da sie für das Funktionieren der Abläufe in der Mannschaft sorgen und dem einzelnen Sportler Orientierung bieten. Genauso gelten Regeln, die nicht immer offen ausgesprochen werden, aber dennoch wirksam sind. Trainer könnten beispielsweise Fragen, welches Verhalten auf dem Platz erwünscht oder unerwünscht ist? Muss der Jüngste jeweils die Leibchen einsammeln? Alle solche Dinge sagen etwas über das Selbstverständnis der Mannschaft aus, darüber, was ihr wichtig ist. Trainer sollten mit ihrem Team über dieses Thema vor der Saison sprechen und sich überraschen lassen, was dabei heraus kommt.
Identität
„Die gemeinsame Identität“: In der Wirtschaft ist es schon lange Standard, dass man ein firmeninternes Leitbild entwickelt. Dieses beschreibt, wer man ist und/oder sein möchte, welche Werte man vertritt und wo man die eigenen Aufgaben und die eigenen Stärken sieht. Ein solches Leitbild ist auch im Sport hilfreich, denn es erleichtert die Identifizierung des Einzelnen mit dem Gesamten. Anhaltspunkte dazu:
- Ich bin stolz und glücklich, in dieser Mannschaft zu spielen.
- Wir werden in unserem Spiel sicher Auftreten und füreinander einstehen.
- Für unser Team spielen wir mit Kraft und mit immer wiederkehrendem Engagement, komme, was wolle!
- Und damit werden wir eine Mannschaft sein und erfolgreich spielen!!!
Leider werden solche Visionen und Bilder viel zu selten genutzt. Dabei drängen sie sich auf. Befindet sich zum Beispiel ein Tier im Vereinswappen? Denken wir doch einmal an das Eishockey. Die Berliner Eisbären. Das sind ganz klare Symbole. Aber auch ohne Tiersymbol gibt es viele Möglichkeiten, Leitbilder zu erschaffen. Beginnen wir das zum Beispiel so, indem Sie als Trainer sich vor Saisonbeginn mit Ihrem Team im lockeren Rahmen zusammensetzen und von ihren Träumen, ihren sportbezogenen Idealen erzählen. Und dann tragen Sie zusammen, wie sich die Einzelspieler schon sehen:
- Was sind die Stärken und wie arbeiten wir gemeinsam an unseren Schwächen?
- Was ist charakteristisch für ihr Team?
- Für welche Werte stehen sie?
Anschließend führt der Trainer das Idealbild und die Realität zusammen. Das Leitbild sollte schon in die Zukunft weisen. Formulieren Sie die Essenz dieses Leitbildes in einem prägnanten Symbol (S04 im Fußball: Die blau-weiße Liebe) oder Satz (z.B. „Wir sind erfolgreiche Fußballer mit Herz und Hand.“). Dieses Symbol, dieser Slogan kann sie in den kommenden Monaten begleiten. Er kann sogar bis in die Jugendmannschaften weitergegeben werden, so dass sich ein Synergie-Effekt ergibt. Mit dem gemeinsamen Ziel, den gemeinsamen Regeln und der gemeinsamen Vision haben Sie eine gute Grundlage, die Ihre Mannschaft, der Verein und möglicherweise die Fans zusammenbringt und die Sie in hilfreicher Weise über die gesamte Saison begleiten kann. Dazu möchte ich Ihnen ein aktuelles Beispiel aus dem Film „Die Mannschaft“ nennen. Es ist ein Film, der die Handschrift von Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff trägt. Sicherlich aber auch ein Beitrag vom Teampsychologen Hans-Dieter Hermann. Es ist kein Zufall, dass Bierhoff immer wieder in Interviewpassagen auftaucht und eingreift und dass die Öffentlichkeit immer mehr über die angewandte Sportpsychologie im Fußball berichtet, insbesondere über Hermann. Somit sind das Campo Bahia und der Teamgeist der Schlüssel zum WM-Sieg. Die beiden Punkte variieren in den 90 Minuten immer wieder und zeigen das beeindruckende Gesicht einer wirklichen Mannschaft auf. Die Kernaussagen sind aus meiner Sicht folgende:
BRASILIEN HAT NEYMAR
ZITIERT NACH STEVEN GERRARD,
ARGENTINIEN HAT MESSI
PORTUGAL HAT RONALDO
DEUTSCHLAND HAT EINE MANNSCHAFT
https://youtu.be/MaBDSzWusWo
Kommunikation und Führung
„Kommunikation“ ist neben Führung aus meiner Erfahrung heraus das Schlagwort, dass am häufigsten benutzt wird. Wo Sportler und Trainer miteinander zu tun haben, spielen Interaktion und Austausch eine zentrale Rolle. In der Kommunikation gilt daher, dass Äußerungen stets einen Sachaspekt und einen Beziehungsaspekt besitzen. Jedes Teammitglied gibt neben der reinen Information immer etwas „von sich“ mit, mit dem er oder sie in Beziehung steht. So wie das Team miteinander kommuniziert, zeigt sich einem Sportpsychologen, wie es um die Beziehungen der Sportler und Trainer steht. Typischerweise verläuft die Kommunikation im Team wie eine unruhige Stimmungskurve. Zuerst ist die Stimmung gut und optimistisch, bis erste Streitereien entstehen. Erst wenn diese gelöst sind, kann es mit einem guten Gefühl produktiv weiter gehen. Ich zeige nun den – aus meiner Sicht – idealen Kommunikationsumgang, der ein Team erfolgreicher macht:
- Respektvolle und wertschätzende Haltung gegenüber den Mannschaftskollegen
- Aktives Zuhören und Nachfassen
- Fehler offen ansprechen und lösungsorientiert darauf eingehen
- ICH-Botschaften senden
- Über die fünf Sinne kommunizieren
- Inhalte auf das Wesentliche beschränken
- Im Wettkampf einfache Inhalte wählen und diese zielführend senden
Für eine erfolgreiche Kommunikation gibt es keinen Knopf. Es genügt nicht, den Sportlern klar zu machen, dass man von Ihnen förderliche Kommunikation erwartet, ohne diese selber zu leben. Keiner der oben genannten Punkte funktioniert einfach so. Zielführende Kommunikation ist das Ergebnis stetiger Arbeit am Team und die Rückmeldung seines eigenen Kommunikationsstiles.
Aufgaben- und Rollerverteilung
Das Kennenlernen der individuellen und kollektiven Aufgaben- und Rollenverteilung und das Wissen um ihre Stärken und Besonderheiten erhöht die innere Sicherheit eines wachsenden Teams. Die Spielposition und die damit verbundenen Rollen sind dabei besonders zu erwähnen. Die Spielposition gibt den Platz an, den der Einzelne in der Mannschaft besetzt. Wichtig ist dabei, dass diese Position austauschbar bleibt, gleichermaßen aber nicht jedes Teammitglied in der Lage ist, die mit dieser Position verbundenen Aufgaben zu erfüllen. Die damit verbundene Funktion wird dann als Rolle bezeichnet. Die Rolle ist wiederum die Erwartung, die ein Spieler auf einer Position erfüllen soll. Geknüpft daran sind zwei Aspekte: Die Forderungen und Pflichten, die an die Rolle gebunden sind und der persönliche Beitrag zur Mannschaftsleistung. Das Rollenverständnis beinhaltet also für den Sportler die Fragen:
- Was muss ich tun? (Pflicht)
- Was darf ich tun? (Individualitätsgrad)
- Was soll ich tun? (persönliche Erwartung)
- Was kann ich tun? (Selbsteinschätzung) (Baumann, 2002)
Jeder Spieler hat dadurch zunächst die Forderungen und Pflichten zu erfüllen. Durch diese Kenntnisnahme kann der Sportler sein persönliches Können zielgerichtet einsetzen. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass es komplexe Rollen gibt, die ein variables Verhalten voraussetzen wie beispielsweise die zentrale Mittelfeldposition. Daher sind eine frühzeitige Kenntnisnahme der Position und Rolle im Team, weitere Bestandteile eines echten Teams.
Wenn wir die Liste der oben genannten Bestandteile eines echten Teams jetzt noch einmal betrachten und uns zurück in unsere Beispielsituation mit ihnen als Trainer stürzen: Wo sind bei Ihrer derzeitigen Mannschaft oder der geplanten saisonalen Vorbereitung Prozesse zu erarbeiten? Und mit welchen Punkten haben Sie selber als Trainer am meisten Erfahrungen? Sind Sie z.B. in der Lage, diese Komplexität eines Teams zu entwickeln? Nur, wenn es ihnen selbst gelingt, die genannten Bestandteile ausreichend in den Griff zu kriegen und von außen sensibel zu führen, werden Sie auch in der Lage sein, bei ihrer Mannschaft einen entsprechenden Teamspirit und das dazu passende Ergebnis zu erschaffen.
Zusammenfassung
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Phasen der Teamentwicklung fortlaufend stattfinden und einer sensiblen Führung bedürfen. Das gemeinsame Ziel, die gemeinsamen Regeln und die gemeinsame Vision sind eine sehr gute Grundlage, um die Mannschaft zusammenzuführen und in hilfreicher Funktion, saisonal zu begleiten. Genauso wie die alltägliche Kommunikation und der Umgang mit der Aufgaben- und Rollenverteilung beeinflussen diese Punkte den Entwicklungsprozess eines Teams. Zu guter Letzt möchte ich den Dokumentar-Film “Trainer” wärmstens empfehlen! Aljoscha Pause ermöglicht hier reale Einblicke in den Arbeitsalltag eines Fußballtrainers. Teamsitzungen und lebensnahe Bilder sowie viele persönliche Einschätzungen zeichnen ein interessantes Bild des Trainers, die permanent unter höchsten psychischen Druck der Öffentlichkeit stehen.
Einen kleinen Ausschnitt dazu, finden Sie in dem nun folgenden Trailer:
Fazit: In der Entwicklung und Festigung eines echten Teams und in vertrauensvoller Unterstützung können Sportpsychologen in Verbindung mit dem Trainer, dem Funktionsteam und den Verantwortlichen effektiv unterstützen. Die Komplexität dieser Prozesse macht es aus meiner Sicht unerlässlich, dass Sportpsychologen fester Bestandteil in den Trainerstäben der Fußball-Bundesligisten werden.
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Vgl. Zeit vom 31.05.2012: Interview mit Joachim Löw, Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft.
Vgl. Zeit vom 26.08.2013: Interview mit Markus Wiese, Trainer Hockeynationalmannschaf
Autor: Dr. René Paasch