Scouting im Grundlagenbereich – Alternative Ideen für Proficlubs
Seit Monaten treibt mich der Gedanke, wie das Scouting von Nachwuchsleistungszentren im Grundlagenbereich optimiert werden könnte.
Erst in der letzten Woche gab es einen filmischen Bericht im WDR, bei dem es um einen 8-jährigen geht, der vom BVB verpflichtet worden ist und nun mehrmals in der Woche 70 Kilometer zum Training gefahren wird und 70 Kilometer zurück. Für mich ein Fiasko, denn diese Zeit verliert der Junge fürs Training, für Zeit mit Freunden und für die Schule.
Spieler im Grundlagenbereich befinden sich der Phase des Ausprobierens, bei der getadelte Aktionen auch schnell nicht mehr ausprobiert werden, obwohl genau diese für die langfristige Entwicklung notwendig wären. Warum also soll er in einem Leistungszentrum spielen, wenn er in der Heimat bekanntlich mehr Zeit zum Trainieren und zum Ausprobieren hat?
Ein Befürworter des frühen Wechsels könnte argumentieren, dass die Trainer- und Trainingsqualität im NLZ höher ist und sich Spieler deswegen schneller entwickeln. Bestimmt nicht falsch, aber in meinen Augen auch nicht der ideale Weg.
Optimal wäre in meinen Augen folgender Ansatz:
Statt im Grundlagenbereich in Jugendscouts zu investieren, sollten Proficlubs in die Vereinsentwicklung investieren. Was bedeutet das? Meiner Meinung nach wäre es der richtige Weg, wenn Breitensportvereine Unterstützung erhalten beim Aufbau der sportlichen Strukturen, und den sportlichen Inhalten von Kinder-und Jugendtraining. Dafür könnten die Profivereine Vereinsentwickler einstellen. Die Vereinsentwickler sind nah an den Vereinen, bieten Trainerfortbildungen an und dienen als Ansprechpartner für die sportliche Führung des Vereins und begleiten die Trainer in regelmäßigen Abständen im Training. Dadurch sind die Vereinsentwickler nicht nur auf dem aktuellen Stand der Entwicklung der Spieler, sondern können die Entwicklung sogar selbst mit beeinflussen. Die Breitensportvereine hingegen erhalten eine Menge an know-how, was die Attraktivität des Vereins erhöht.
Jetzt könnten die Verantwortlichen sagen, dass dadurch nicht so schnell die Breite an guten Spieler einer Region gesichtet wird und andere Vereine diese dann vorher scouten und verpflichten.
Daran glaube ich nicht ganz, denn die Profivereine, die diese Idee am besten umsetzen, werden auch die besten ambitionierten Vereine und deren Spieler für sich gewinnen. Dann sollten die Vereine “geben, geben, geben und dann erst nehmen”. Sollte dann ein anderes NLZ bei einem Spieler anklopfen, wird man, auch von Elternseite sagen, dass der Spieler in der aktuellen Phase in der Heimat am besten gefördert wird und dann ein Wechsel zum NLZ ansteht, das die Entwicklung des Spielers auch schon mit gefördert hat.
Die Vereine, die dieses Vorgehen mit Leben füllen, können in der Zukunft noch bessere Jugendspieler gewinnen und sich so deutlich von anderen Vereinen absetzen. Aber dafür müssen Verantwortliche erkennen, dass dies Mitarbeiter erfordert, die nicht nur die besten Spieler beobachten und bewerten können, sondern mit Leidenschaft den Sport in der Region fördern wollen und als Bindeglied zwischen Breitenfussball und Leistungsfussball agieren können. Wir reden hier also von einem „Partnerverein 2.0, da dies deutlich intensiver ist, als es aktuell bei vielen Partnervereinen der Fall ist. Außerdem könnte es so langfristig wieder möglich sein, dass wieder mehr Spieler aus der eigenen Region den Schritt zu den Profis schafft, wie eben ein Kevin Großkreuz bei Dortmund oder Thomas Müller bei Bayern. Das sind die Story’s, die in Vereinen nachhaltig wirken.
Neben all den Vorteilen, die die Vereine daraus ziehen, ist es doch der größte Gewinn für junge Spieler, die sich dadurch in Ruhe in ihrer gewohnten Umgebung entwickeln können und trotzdem optimal gefördert werden.
Dieses Vorgehen könnte dann das zu frühe Wechseln von Jugendspielern aus dem Grundlagenbereich in Nachwuchsleistungszentren deutlich reduzieren.
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Autor: Tammo Neubauer